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Fokus auf die Lieferkette

Interview mit Sascha Liese, Global Director Corporate Sustainability, Symrise
Brennpunkt Biodiversität neues Interview

© Symrise

Rund 15.000 Unternehmen in Deutschland müssen künftig nach der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) berichten. Auch der Hersteller von Duft- und Geschmackstoffen sowie kosmetischen und funktionalen Inhaltsstoffen Symrise aus Holzminden gehört dazu. Sascha Liese arbeitet dort im Bereich Nachhaltigkeit und steckt mitten in den Vorbereitungen.

Für das börsennotierte Unternehmen Symrise besteht in diesem Geschäftsjahr die Berichtspflicht nach der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD). Für viele Unternehmen ist die Wesentlichkeitsanalyse nun der erste Schritt dafür. Für Symrise auch?

Wir haben schon vor Jahren begonnen, regelmäßig eine Wesentlichkeitsanalyse zu erstellen, um die wichtigsten Nachhaltigkeitsherausforderungen für uns und unsere Stakeholder zu identifizieren. Bei der Erstellung unserer aktuellen Wesentlichkeitsanalyse haben wir die Kriterien der CSRD systematisch in den Analyseprozess mit einbezogen.

Haben Sie im Zuge der neuen Berichterstattungspflichten auch an der Teamstruktur gedreht?

Wir haben uns einerseits personell verstärkt und haben andererseits die interne Zusammenarbeit ausgebaut. Wir haben ein abteilungsübergreifendes Expertenteam aufgesetzt, um die neuen Anforderungen der CSRD zu analysieren, zu bewerten und in betriebliches Handeln zu übersetzen.

Wo in Ihren Veröffentlichungen wird die Berichterstattung nach der CSRD künftig angesiedelt?

Bisher haben wir einen Finanzbericht veröffentlicht, einen Nachhaltigkeitsbericht und dann unsere Nachhaltigkeitsbilanz, wo wir über die Fortschritte unseres Nachhaltigkeitsmanagements gemäß der Global Reporting Initiative (GRI) berichten. Mittelfristig gehen wir davon aus, dass Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung zunehmend zusammenwachsen und wir künftig einen integrierten Unternehmensbericht publizieren.

Kleine und mittlere Unternehmen sind von der Richtlinie erstmal mittelbar betroffen – als Zulieferer für berichtspflichtige Unternehmen wie Symrise. Welche Daten benötigen Sie von Ihren rund 5000 Zulieferern, um dann über Biodiversität berichten zu können?

Unser Handlungsschwerpunkt liegt klar in der Lieferkette, also in den Ursprungsländern der biologischen Ressourcen, die wir für unser diverses Portfolio benötigen. Da Biodiversität im Gegensatz zu Klima und CO2 kontextspezifisch ist, müssen wir von unseren Lieferanten wissen, wo genau diese Rohstoffe ihren Ursprung haben. Ebenso wollen wir wissen, wie diese unsere Rohstoffe gewinnen, ob sie beispielsweise aus Wildsammlungen oder aus land- oder forstwirtschaftlichem Anbau stammen und inwieweit die Rohstoffgewinnung mit anerkannten Nachhaltigkeitskriterien und Standards in Einklang steht.

Wie entscheiden Sie, ob das der Fall ist?  

Das hängt vom Kontext ab. Wenn es um Rohstoffe mit Ursprung in der Forstwirtschaft geht, ist für uns die FSC-Zertifizierung ein geeigneter Indikator für nachhaltigen Rohstoffanbau. Bei exotischen Medizinal- oder Aromapflanzen aus kleinbäuerlicher Produktion setzen wir hingegen auf Fairtrade, Rainforest Alliance oder den UEBT Ethical Biotrade Standard.    

Verlangt das die CSRD ?

Die CSRD klingt immer sehr konkret. Am Ende müssen wir die Standards individuell interpretieren und im eigenen Unternehmenskontext umsetzen. Die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt sind im Bergbau anders gelagert als beispielsweise in der Land- und Forstwirtschaft oder im Tourismus.

Welches sind für Symrise die zwei, drei wichtigsten Rohstoffe?

Unser Portfolio setzt sich aus rund 10.000 natürlichen und synthetischen Rohstoffen zusammen, da fällt es schwer, eine Auswahl zu treffen. Also ikonisch und von herausragender strategischer Bedeutung lässt sich auf jeden Fall die Vanille nennen. Sie gehört fest zu unserem Aromen- und Duftstoffportfolio.

Wo wird die Vanille angebaut?

In Madagaskar. Hier arbeiten wir vor Ort, mit einem eigenen Produktionsstandort, mehreren Büros sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zum Beispiel die Bauern in nachhaltigen Anbauverfahren trainieren und diese kontinuierlich weiterentwickeln. Hier können wir auf gute ökologische und soziale Rahmenbedingungen hinarbeiten. Das liegt auch in unserem eigenen Interesse.

Was ist hier im Hinblick auf die Biodiversität wichtig?

Vanille wächst als Kletterpflanze am besten in einem Waldökosystem anstatt auf dem klassischen offenen Feld. Sie braucht Bäume, an denen sie ranken kann und viel Schatten. Wir verteilen zum Beispiel Baumsämlinge an die Farmen, damit diese Schattenbäume pflanzen, Bodenerosion entgegenwirken und Flächen wieder aufforsten. Denn wir können natürliche Rohstoffe nur dann langfristig beziehen, wenn die Ökosysteme, aus denen sie stammen, intakt sind und die Menschen, die auf dem Feld arbeiten, auch ökonomisch einen Sinn darin sehen, die Rohstoffe herzustellen.

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Eva Baumgärtner Projektkoordinatorin | Unternehmen Biologische Vielfalt

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Valentin Franklyn Projektkoordinator | Unternehmen Biologische Vielfalt

Unternehmen Biologische Vielfalt

Biodiversität ist innerhalb der deutschen Wirtschaft nach wie vor ein Nischenthema. Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, dass sie von funktionierenden Ökosystemleistungen abhängig sind. Mit dem Verbundprojekt Unternehmen Biologische Vielfalt wollen wir Unternehmen für das Thema sensibilisieren und mobilisieren. Die Industrie- und Handelskammern entwickeln wir dafür zu regionalen Biodiversitäts-Kompetenzzentren. Kleine und mittelständische Unternehmen finden hier ihre Ansprechpartner*innen, um Biodiversität entlang aller Produktionsschritte mitzudenken. Mit regionalen Netzwerken, Coachings und unterschiedlichen Veranstaltungsreihen ermutigen wir Unternehmen, die nächsten Schritte zu gehen. Denn: Die Biologische Vielfalt ist schlichtweg essenziell für eine Wirtschaft, die eine Zukunft haben möchte.