
© Fleesensee Holding
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Auf der Suche nach Unternehmen, die bereits Beschäftigtenwohnen umsetzen, sind wir auf die Fleesensee Holding in Mecklenburg-Vorpommern gestoßen. Michael Scharf, einer der Geschäftsführer, hat uns erzählt, warum Wohnungen für Mitarbeitende ein Geschäftsmodell sein kann, insbesondere im ländlichen Raum in MV, insbesondere in der Tourismusbranche.
Lesen Sie selber:
DIHK Service GmbH: Was ist das Geschäftsmodell der Fleesensee Holding und wie viele Mit-arbeitende haben Sie?
Michael Scharf: Die Fleesensee Holding ist ein diversifiziertes Unternehmen im Bereich Tourismus, Hotellerie und Freizeitwirtschaft. Unser Portfolio umfasst mehrere Hotels, Ferienanlagen, Golf- und Sportanlagen sowie Gastronomie- und Freizeitangebote an der wunderschönen Mecklenburgischen Seenplatte und gliedert sich in 16 Tochtergesellschaften. Das Unternehmen bietet unvergessliche Erlebnisse für Wellness-Urlauber, Golffreunde, Sportler, Familien und Veranstaltungsgäste. Mit einem Mix aus hochwertigen Unterkünften, luxuriösen Wellnessbereichen, einem Erlebnisbad und erstklassigen Golfplätzen sorgt die Gesellschaft für einen perfekten Aufenthalt. Zahlreiche Freizeitmöglichkeiten, professionelle Veranstaltungsräume und eine eigene Landwirtschaft runden das vielfältige Angebot ab. Somit ist die Fleesensee Holding einer der größten Anbieter von Freizeit- und touristischen Dienstleistungen in Norddeutschland. Aktuell beschäftigt die Unternehmensgruppe rund 470 Mitarbeitende in unterschiedlichen Be-reichen, davon 53 Auszubildende.
DIHK Service GmbH: Stellt Fachkräftesicherung eine Herausforderung für Ihren Betrieb da, wenn ja warum und wie begegnen Sie dieser? Welche Rolle spielen hierbei ausländische Fachkräfte und Azubis?
Michael Scharf: Nicht nur die Fachkräftesicherung, sondern überhaupt die Arbeitskräftesicherung stellt bei uns eine große Herausforderung dar. Unser Unternehmenssitz liegt in einem touristisch geprägten, aber sehr ländlichen Gebiet im dünn besiedelten Flächenland Mecklenburg-Vorpommern. Die Kapazitäten für das Rekrutierung im näheren Umfeld sind stark begrenzt. Wir begegnen dieser Herausforderung als Arbeitgeber mit umfangreichen Benefits und um eines von Vielen zu nennen: „attraktiver Wohnraum“. Der Einsatz ausländischer Arbeitskräfte spielt bei uns eine sehr große Rolle. Ohne diese Arbeitskräfte, oftmals „helping Hands“, könnten wir den Geschäftsbetrieb nicht in der Form und Intensität (ich meine hier Öffnungstage vs. Ru-hetage) aufrechterhalten.
Auch die Frage welche Rolle Azubis bei uns spielen kann ich nur mit „einen ganz Wichtige“ beantworten. Derzeit bilden wir in 13 Berufsarten mit Erfolg aus. Wir setzen auf eine Kombination aus regionaler Nachwuchsförderung, internationalen Fachkräften und Ausbildungsprogrammen. Wir kooperieren mit Berufsschulen, bieten Weiterbildungen an und unterstützen ausländische Fachkräfte beim Integrationsprozess, beispielsweise durch Sprachkurse und Behördenhilfe.
DIHK Service GmbH: Wie unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden im Wohnen? Welche Maß-nahmen haben Sie vorgenommen? Und wie kamen sie auf die Idee?
Michael Scharf: Wir haben erkannt, dass bezahlbarer Wohnraum für Mitarbeitende essenziell ist, um sie langfristig an unser Unternehmen zu binden. Attraktiven Wohnraum im unternehmensnahen Umfeld anzumieten, stellte sich als schwierig heraus. Angebotene Wohnungen entsprachen nicht unserer Qualitätsvorstellung für unsere Arbeitnehmer. Deshalb bieten wir betriebseigene Wohnungen an. Die Idee entstand aus der Notwendigkeit, nationale und internationale Fachkräfte anzuziehen und ihnen einen Anreiz für einen Umzug in unsere Region zu geben.
DIHK Service GmbH: Seit wann stellen Sie Mitarbeiterwohnen und in welchem Umfang zur Verfügung? Zu welchen Konditionen vermieten Sie an Ihre Mitarbeitenden?
Michael Scharf: So kauften wir 2016 eine Ferienwohnungsanlage mit 38 Wohnungen, komplett möbliert und stellten diese dem Bedarf unserer Mitarbeiter zur Verfügung. Schnell zeigte sich, dass diese Maßnahme ein erster Schritt war aber längst nicht ausreichend. So fingen wir an neu zu bauen: 2022 - 30 Wohneinheiten, 2023 - 8 Wohneinheiten, 2024 - 58 Wohneinheiten. Die Vermietung unserer möblierten und subventionierten Wohnungen ist gekoppelt an ein Arbeitsverhältnis bei einem unserer Unternehmen. Mit einem derzeitigen m²-Preis von 6,80 € für Neubau liegen wir soeben in der Kostendeckung. Personalwohnungen sind halt kein Profit-Center! All unsere Wohnung verfügen über eine Einbauküche und die kompletten Möbel bis hin zu Fernseher, Haushaltsgeräte …. So quasi „löffelfertig“. Je nach Arbeitsverhältnis können sie temporär oder langfristig gemietet werden.
DIHK Service GmbH: Auf welche finanziellen Erleichterungen (Förderungen) und steuerliche Entlastungen konnten Sie hierbei zurückgreifen?
Michael Scharf: Wir konnten bei einem Haus mit 20 Wohneinheiten auf das Förderprogramm „Zuwendungen zur Schaffung von Mitarbeiterwohnungen in
Tourismusschwerpunktgemeinden“ zugreifen. Diese auf das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern beschränkte Richtlinie förderte 600,- € /m² Wohnfläche mit einem Deckelungsbetrag von 500.000,- € und einer Beschränkung von einem Förderprojekt pro Unternehmen bzw. Konzern. Gerechnet auf alle neu erstellten 96 Wohnungen ist die Förderquote 7,52 %. Eine steuerliche Entlastung ist für die Schaffung von Mitarbeiterwohnraum nicht vorgesehen. Die Programme des sozialen Wohnungsbaus können nicht angewendet werden, da unsere Mitarbeiter in der Mehrzahl über dem Wohnberechtigungseinkommen liegen.
DIHK Service GmbH: Mit welchen Hürden und Herausforderungen waren Sie bei der Umsetzung der Betriebswohnungen konfrontiert?
Michael Scharf: Da wir bereits die Grundflächen innerhalb eines gültigen B-Plans besaßen, gab es bei der Herbeiführung der baurechtlichen Genehmigungen keine Probleme. Eine Finanzierung für ein Projekt, das keinen Profit bringt, darzustellen, ist vor Kreditinstituten schwer. Dass diese Investition eine Grundlage für die Deckung des notwendigen Personalbedarfs zur Erzielung des Konzernergebnisses ist, wird teilweise in Finanzierer-Kreisen noch nicht richtig verstanden. In unserem Fall haben wir all diese Beschäftigtenwohnprojekte über Gesellschafterfinanzierungen umsetzen können.
DIHK Service GmbH: Was denken Sie müsste sich ändern, damit Unternehmen im großen Stil Verantwortung für das Wohnen ihrer Mitarbeitender übernehmen?
Michael Scharf: Es bedarf attraktiverer Förderprogramme und steuerlicher Anreize, um mehr Unternehmen zur Bereitstellung von Wohnraum zu motivieren. Das von mir vorab genannte Förderprogramm war befristet und ist am 31.12.2023 ausgelaufen. Hier ist wünschenswert das zumindest im ländlichen Raum eine Förderung für Mitarbeiterwohnraumschaffung gezahlt wird. Aus meiner Erfahrung ist der ländliche Raum oftmals nicht erster Wohnsitz einer Familie, sodass dort ein zusätzlicher Bedarf entsteht. Zudem sollten Bürokratiehürden abgebaut wer-den, um Bauprojekte schneller umzusetzen.
DIHK Service GmbH: Gab es wichtige Informationsorte bzw. andere Stakeholder, mit denen Sie kooperiert haben oder nach wie vor kooperieren?
Michael Scharf: Diese Frage muss ich verneinen.
DIHK Service GmbH: Wie wird das Angebot durch die Mitarbeitenden angenommen?
Michael Scharf: Bei einer Mitarbeiterzahl von saisonschwankend im Mittel ca. 470 Mitarbeiter in unserem Resort sollte man meinen, dass 134 Mitarbeiterwohnungen vielleicht schon eine Überkapazität darstellen. Dem ist aber nicht so. Saisonabhängig erreichen wir eine
Vollauslastung. Die Mitarbeitenden sind dankbar für modern ausgestateten Wohnraum und dieser ist ein entscheidender Faktor für die Wahl unseres Unternehmens als Arbeitgeber.
DIHK Service GmbH: Inwieweit können Sie Effekte auf die Fachkräftesicherung und die Bin-dung ans Unternehmen feststellen?
Michael Scharf: Nach nahezu 10 Jahren, die ich das Projekt „Beschäftigten-Wohnen“ in unserem touristischen Resort begleite, bin ich fest der Meinung, die Arbeitskräftesicherung inkl. der Bindung an das Unternehmen hat sich deutlich verbessert. Diese Besserung begründet sich in dem Wohlfühlfaktor in der Freizeit unserer Mitarbeiter. Wohnraum ist ein klarer Wettbewerbsvorteil bei der Rekrutierung.
DIHK Service GmbH: Was würden Sie einem deutlich kleineren Tourismusbetrieb raten, wie dieser langfristig die Fachkräftefrage für sich klärt? Spielt Beschäftigtenwohnen dabei eine Rolle und wenn ja in welchem Modell?
Michael Scharf: Ich bin der Meinung, dass es nicht von der Größe des Tourismusbetriebes ab-hängt, sondern vielmehr von der Lage des Unternehmens. Kleinere Tourismusbetriebe im Umfeld größerer Städte sowie auch Stadthotels werden bei der Mitarbeiterbeschaffung nicht die Wohnraumprobleme haben. Oftmals wird in diesen Betrieben kein Mitarbeiterwohnraum benötigt, da die Arbeitsstelle von der vorhandenen Wohnung erreicht wird. Im ländlichen Raum ist der Wohnraum oftmals Zweitwohnung und nicht erster Wohnsitz. Kleinere Tourismusbetriebe in touristischen Hot Spots sollten sich in Gemeinschaften zusammenschließen, um derartige Projekte in Gemeinschaft umzusetzen. Eine Unterstützung durch staatliche Fördermaßnahmen wäre für diese Gemeinschaften eine enorme Unterstützung und wäre anzusehen wie Eigenkapital.