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Auslandsaufenthalte sollen in der Berufsbildung so selbstverständlich werden wie im Studium.

Thomas Wimmesberger im Interview

© BoG/ Thomas Wimmesberger

Derzeit absolvieren rund 8-9 % der Auszubildende einen Auslandsaufenthalt. Bei den Studierenden liegt dieser Anteil bei 30 %. Das Programm Erasmus+ fördert u.a. gezielt Auszubildende, Fachkräfte sowie Ausbildende und Lehrkräfte. Aktuell werden das Budget und die Schwerpunkte für die kommende Förderphase verhandelt. Am 16. Juli hat die EU-KOM nun ihren Vorschlag für den Haushalt der EU ab 2028 vorgestellt. Damit gibt es eine Perspektive für das künftige Erasmus+ Programm. 

Auch die DIHK engagiert sich intensiv, um die Interessen der beruflichen Bildung zu vertreten. Wir haben unseren Experten Thomas Wimmesberger, Referatsleiter für EU-Bildungspolitik und Beschäftigtenpolitik sowie EU-Fachkräftesicherung bei der DIHK in Brüssel nach seiner Einschätzung gefragt.

Wie schätzt du den Fördertopf ein? Welche Auswirkung hat dieser auf die berufliche Mobilität 

Es gibt eine gute Nachricht und eine schlechte: Die gute ist, dass das Gesamtbudget für Erasmus+ für die Jahre 2028-2034 im Vergleich zum derzeitigen Budget für die Jahre 2021-2028 von ca. 26 Mrd. auf knapp 41 Mrd. Euro steigt. Das ist eine deutliche Steigerung, auch wenn man die Inflation mit einrechnet. Allerdings soll es künftig keine Zweckwidmung mehr für die berufliche Mobilität geben: Die Kommission könnte also dann künftig frei entscheiden, wie viel Geld sie im folgenden Jahr in welche Bereiche leiten will – aus Erasmus+ werden nämlich auch andere Projekte abseits der Mobilität finanziert. Hier werden wir uns im weiteren Prozess für mehr budgetäre Absicherung für die Mobilität allgemein und speziell in der beruflichen Bildung einsetzen. 

Was bedeutet das neue Programm Erasmus+ 2028 für Beratungsnetzwerke wie „Berufsbildung ohne Grenzen“ (BOG) und Unternehmen konkret?

Wenn uns die eben erwähnte budgetäre Absicherung gelingt, werden künftig viel mehr Azubis in den Genuss von Erasmus+ kommen. Hier liegt der Ball nun bei den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament, die für den weiteren Verhandlungsprozess zuständig sind. Wir werden wir als DIHK frühzeitig mit den Verantwortlichen in Kontakt treten, um dieses Ziel zu erreichen. Zusätzlich hat die Kommission administrative Vereinfachungen für alle Beteiligten angekündigt, allerdings findet sich diese Zusicherung meiner ersten Einschätzung nach noch nicht deutlich genug im Rechtstext wieder. Hier werden wir noch darauf drängen, dass nachgeschärft wird, was dann sowohl die Arbeit der Beratungsnetzwerke erleichtern als auch die Attraktivität des Programms für Unternehmen erhöhen sollte.

Wie konnten die Positionen und Praxiserfahrung der BOG-Mobilitätsberatende in deine Arbeit hinsichtlich der weiteren Entwicklung von Erasmus+ einfließen?

Für mich ist dieser Praxischeck sehr wichtig: Einerseits hilft es mir bei der internen Erstellung unserer Positionierung. Diese stützt sich zwar in erster Linie auf die Inputs unserer IHKs, aber es ist für mich ein guter Kontrollmechanismus, wenn ich sehe, dass wir mit den DIHK-Forderungen die Rückmeldungen der Mobilitätsberatenden berücksichtigen. Andererseits sind Beispiele aus der Praxis in meiner täglichen Arbeit in Brüssel ganz besonders wertvoll: Diese illustrieren unsere Positionen und unterstreichen die Message viel besser, als es jedes noch so schön entworfene theoretische Argumentarium könnte. Beispielsweise bezüglich der von uns geforderten dringend notwendigen bürokratischen Vereinfachungen: Viele wollen etwa im ersten Moment gar nicht glauben, dass Anträge im Jahr 2025 oftmals noch auf Papier erfolgen.

Wenn du dir was wünschen dürftest, was würdest du in das Programm schreiben bzw. welcher Punkt kam zu kurz?

Die zuständige EU-Kommissarin Roxana Mînzatu hat in den letzten Tagen oft von einem „Recht auf Erasmus“ gesprochen. Hier sind wir leider gerade in der beruflichen Bildung noch weit weg, sowohl hinsichtlich der budgetären Voraussetzungen als auch bezüglich der besonderen Rahmenbedingungen, die gerade unser duales Ausbildungssystem mit sich bringt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kommission daher noch einen stärkeren Fokus auf die berufliche Bildung legt, damit wir uns diesem „Recht“ zumindest Stück für Stück nähern.

Hier gelangen Sie zum Beratungsnetzwerk „Berufsbildung ohne Grenzen“

 

 

© Berufsbildung ohne Grenzen

Berufsbildung ohne Grenzen

Auslandsaufenthalte in der Berufsbildung sollen ebenso selbstverständlich werden, wie im Studium. Wie das möglich wird, dazu informieren und beraten unsere betrieblichen Mobilitätsberater*innen bei IHKs und HWKs vor allem KMU. Als Koordinierungsstelle begleiten und unterstützen wir diese Arbeit vor Ort, kümmern uns um den Wissens- und Erfahrungsaustausch im Netzwerk der Mobilitätsberater*innen und unterstützen den internationalen Netzwerkausbau. Dazu arbeiten wir mit Partnern, Betrieben und AHKs rund um den Globus zusammen und leisten einen Beitrag zur Attraktivitätssteigerung und Internationalisierung der Beruflichen Bildung in Deutschland und der Welt.